Konjunktur Aktuell

Die Geschäftslage der Unternehmen rutscht in  negativen Bereiche, aber die Erwartungen sind weniger pessimistisch

Die Geschäftslage in der regionalen Wirtschaft hat sich im Frühjahr noch einmal leicht verschlechtert. Zum ersten Mal seit dem Winter-Lockdown 2020/21 melden in der Region mehr Unternehmen eine schlechte Geschäftslage als eine gute. Das ist das Ergebnis der Konjunktur-Blitzumfrage, die von Mitte bis Ende April durchgeführt wurde und von den Industrie- und Handelskammern Mittlerer Niederrhein und Düsseldorf nun veröffentlicht wurde. Knapp 600 Unternehmen aus der Region haben daran teilgenommen. Die Unternehmen sind weniger pessimistisch als bei der Vorumfrage im Januar. Insbesondere die Werte des Einzelhandels haben sich nach dem enttäuschenden Weihnachtsgeschäft wieder etwas stabilisiert.
22,9 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Lage als „gut“, 24,1 Prozent als „schlecht“. Der Geschäftslageindikator, der sich als Saldo dieser beiden Werte berechnet, liegt bei einem Wert von minus 1,2 Punkten und damit knapp unter dem Wert zum Jahresbeginn (+1,1 Punkte). Der Geschäftserwartungsindikator bleibt mit minus 7,1 Punkten im negativen Bereich, steigt jedoch deutlich um 13,6 Punkte. Immerhin 63 Prozent der Betriebe rechnen nicht damit, dass sich ihre gegenwärtige Geschäftslage grundlegend ändert, 14,9 Prozent der Unternehmen hoffen sogar auf eine verbesserte Entwicklung. Allerdings befürchten auch 22,1 Prozent eine Verschlechterung. Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine wurden bei den Erwartungen keine günstigeren Werte gemessen. Einige Belastungsfaktoren gehen zurück. Insbesondere reagiert die Weltwirtschaft robuster als befürchtet auf die seit Herbst eskalierenden Auseinandersetzungen im Nahen Osten.

Bedeutung des Risikos 'Inlandsnachfrage' steigt

58,7 Prozent der Unternehmen sehen in der Inlandsnachfrage ein wesentliches Geschäftsrisiko für die kommenden Monate. Höher war dieser Wert zuletzt im Juni 2020, kurz nach dem Ende des ersten Corona-Lockdowns. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden von 45,9 Prozent der Unternehmen als Geschäftsrisiko angesehen. Der Wert ist zwar höher als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre, aber geringer als bei der Vorumfrage im Januar. Zwischenzeitlich wurde das Wachstumschancengesetz umgesetzt. Dies hat zu Entlastungen bei der Wirtschaft geführt, auch wenn der ursprüngliche Kabinettsentwurf spürbarer gewesen wäre.
42,5 Prozent der Unternehmen sehen in den Energiepreisen ein wesentliches Geschäftsrisiko. Das ist der niedrigste Wert seit drei Jahren. Es sind viele Abgaben auf Energie, wie die EEG-Umlage und zuletzt ist auch die Stromsteuer reduziert worden oder weggefallen. Und die Beschaffung ist nun preiswerter als in den Monaten nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Bei den energieintensiven Branchen, die sich in der Vergangenheit von den Abgaben entlasten oder befreien konnten, ist die Rechnung eine andere: Bei ihnen haben sich nun die Kosten für Beschaffung und Netzentgelte gegenüber 2020 fast verdoppelt. Deswegen sehen immer noch drei Viertel der Betriebe aus den energieintensiven Industriebranchen in den Energiekosten ein wesentliches Geschäftsrisiko. Die Chemische Industrie und die Metallindustrie hierzulande haben durch die hohen Energiekosten an Wettbewerbsfähigkeit verloren.
16,7 Prozent der Betriebe möchten Beschäftigung aufbauen, 23,3 Prozent ihre Mitarbeiterzahlen senken. Gleichzeitig melden wieder mehr als die Hälfte aller Betriebe, dass sie im Fachkräftemangel ein wesentliches Geschäftsrisiko sehen. Es gibt also Potenzial für einen weiteren Beschäftigungsaufbau, wenn die Mitarbeitenden verfügbar wären.

Investitionspläne weiter restriktiv

Das Wachstumschancengesetz, das im März beschlossen wurde, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Für einen echten Impuls bei den Investitionen waren die beschlossenen Erleichterungen aber zu wenig. So planen 22,2 Prozent der Betriebe, ihre Investitionsbudgets zu erhöhen, 32,5 Prozent der Betriebe kürzen. Bei den vergangenen drei Konjunkturumfragen wurden jeweils ähnliche Werte gemessen.

Blick in die Branchen: Einzelhandel mit besserer, Industrie mit schlechterer Lage

Mit Blick in die Branchen zeigt sich, dass der Einzelhandel bei Lage und Erwartungen deutlich bessere Werte als noch zu Jahresbeginn meldet. Seinerzeit standen die Betriebe unter dem Eindruck eines durchwachsenden bis schlechten Weihnachtsgeschäfts. Eine schlechtere Lage als zu Jahresbeginn meldet die Industrie. Der Lageindikator liegt nun bei minus 6,3 Punkten, nachdem zu Jahresbeginn noch ein Plus von 2,8 Punkten erzielt wurde. Besonders betroffen sind weiterhin die energieintensiven Branchen mit  unverändert schlechteren Werte als die Industrie insgesamt. Bei ihnen meldet zwar ebenfalls gut jedes fünfte Unternehmen eine gute Lage, aber mehr als 40 Prozent berichten über schlechte Geschäfte.
Mittlerweile können sich auch die Investitionsgüterproduzenten der Konjunkturflaute nicht mehr entziehen: Lageurteile und Erwartungen haben sich deutlich verschlechtert auf Werte von minus 3 Punkte (nach zu Jahresbeginn noch plus 19 Punkte) und minus 18 Punkte (zuvor erst minus 1 Punkt)- Dieser Industriezweig  leidet immer mehr unter der Investitionszurückhaltung.
Die unterschiedlichen Entwicklungen von Einzelhandel und Industrie haben auch Auswirkungen auf den Großhandel. Der produktionsnahe Großhandel meldet schlechtere, der konsumnahe Großhandel bessere Werte als zu Jahresbeginn. Im Baugewerbe hat sich der negative Trend nicht weiter fortgesetzt - die Lage nur leicht schlechter als in der Vorumfrage. Bei den Erwartungen sinkt in der Branche der Anteil der Pessimisten von 43 auf 28 Prozent. Zuversichtlich sind jetzt 22, nach zuvor 11 Prozent der Unternehmen. Das Baugewerbe baut darauf, dass sich durch die spezifischen steuerlichen Erleichterungen für den Wohnungsbau im Wachstumschancengesetz die Nachfrage in diesem Segment wieder stabilisiert.